Donnerstag, den 01. Mai 2014, veröffentlicht auf randomhouse.de
Interview mit David Perlmutter zu seinem Buch »Dumm wie Brot«
Dr. David Perlmutter ist praktizierender Neurologe und Facharzt für
Ernährungsmedizin in Naples, Florida. Er ist Mitbegründer des
amerikanischen Ärzteverbandes für integrative und ganzheitliche Medizin.
In seinem Buch „Dumm wie Brot“ zeigt er, dass zwischen dem Verzehr von
Weizen, Kohlenhydraten sowie Zucker und einer erhöhten Neigung zu
chronischen Erkrankungen, insbesondere einer gestörten Gehirnfunktion
und Alzheimer, ein Zusammenhang besteht.
Dr. Perlmutter, auf welche wissenschaftlichen
Grundlagen stützt sich die Verbindung von Kohlenhydratverzehr und
Störungen der Hirnfunktion?
Dr. Perlmutter: Die Erkenntnisse, die einen Zusammenhang zwischen
Kohlenhydraten und Demenz nahelegen, sind sehr spannend, weil sie darauf
hinauslaufen, dass bestimmte Veränderungen der Lebensweise es offenbar
erleichtern, gesund alt zu werden - zumindest was das Gehirn angeht. Eine
kürzlich veröffentlichte Studie der Mayo Clinic ergab, dass Menschen,
die sich eher fettreich und kohlenhydratarm ernähren, verblüffenderweise
ein 65 Prozent geringeres Demenzrisiko aufweisen.
Der positive Einfluss einer kohlenhydratarmen Ernährung beruht vermutlich auf der Senkung des Blutzuckers. Untersuchungen
ergaben eine klare Verbindung zwischen einem niedrigeren
Blutzuckerspiegel und einem geringeren Risiko für Demenz und vor allem
der Alzheimer-Krankheit. Sobald der Blutzucker ansteigt, tritt
eine dramatische Veränderung von Gehirnproteinen ein, und es entstehen
mehr schädliche Abbauprodukte, die so genannten freien Radikalen.
Parallel dazu steigt die Ausschüttung entzündungsfördernder Substanzen
an. Beides gilt mittlerweile als Dreh- und Angelpunkt für die
degenerativen Hirnveränderungen, die wir bei der Alzheimer-Krankheit
beobachten. Hinzu kommen Forschungsergebnisse (wiederum von der
Mayo-Clinic), denen zufolge zwischen Glutensensitivität und
Entzündungserscheinungen im Gehirn sowie Demenz eine Verbindung besteht.
Deshalb kommt es nicht nur auf eine geringe Kohlenhydratzufuhr, sondern auch auf strikte Glutenfreiheit an, besonders wenn die Glutensensitivität labortechnisch nachgewiesen ist.
Was ist das eigentliche Problem? Ist es das Gluten? Sind es die
Kohlenhydrate? Oder sind es all die stark verarbeiteten Zusatzstoffe,
die in kommerziell erzeugten Backwaren auftauchen - oder eine Mischung
aus allen drei Faktoren?
Kohlenhydrate, ob aus glutenhaltigen Lebensmitteln oder anderen Quellen
wie zum Beispiel Obst, gesüßten Getränken und stärkereichem Gemüse, sind
kritisch, weil sie auch ohne weitere Faktoren die Hirngesundheit
beeinträchtigen. Glutenhaltige Lebensmittel sind häufig auch reich an
Kohlenhydraten, was das Gehirn gleich doppelt belastet, da Gluten mit
Entzündungen in Verbindung steht. Unabhängig davon kommen in der
kommerziellen Lebensmittelproduktion inzwischen jede Menge
Konservierungsstoffe, Farbstoffe und Aromen zum Einsatz, ganz zu
schweigen von umstrittenen genetischen Veränderungen. Es
empfiehlt sich daher, um kommerziell erzeugte Lebensmittel einen Bogen
zu machen und so oft wie möglich zu kohlenhydratarmen, glutenfreien
Produkten aus Bioanbau zu greifen.
Welche wichtigen Nährstoffe fehlen uns heutzutage, und was sollten wir einnehmen, damit wir alles bekommen, was wir brauchen?
Die meisten Menschen dürften erstaunt sein, dass ihrer Ernährung ein zentrales Element für die Gesunderhaltung fehlt, nämlich: Fett.
Wir erleben seit etwa 20 Jahren eine wahre Fettphobie, die der
Gesundheit des Menschen äußerst abträglich ist. Bestimmte Fette -
modifizierte Fette und Transfette, die in Fertigprodukten allgegenwärtig
sind - sollten wir tatsächlich nicht zu uns nehmen. Gesunde
Öle mit hohem Omega-3-Anteil, aber auch einfach ungesättigte und sogar
gesättigte Fette verzehrt der Mensch hingegen seit über zwei Millionen
Jahren. Sie sind für unsere Gesundheit unverzichtbar.
Welche Ernährungsweise ist ideal, um gesund zu bleiben, und was essen Sie normalerweise am Tag?
Für die Gesundheit insgesamt und einen möglichst guten Schutz vor Herz-,
Hirn- und Krebserkrankungen sollte man sich sehr kohlenhydratarm
ernähren und zugleich reichlich gesundes Fett zu sich nehmen. Das ist
das zentrale Anliegen von „Dumm wie Brot“. Ich konzentriere mich auf
oberirdisch gewachsenes Gemüse in allen Farben, Fisch aus Wildfang,
Nüsse, Samen, Kerne, Eier von frei laufenden Hühnern, gelegentlich ein
Stück Fleisch von einem Tier aus Weidehaltung und reichlich Pflanzenfett
aus Oliven, Avocados und Kokos. Kaffee ist natürlich auch erlaubt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen