Monsantos Gentechnik: Die Natur schlägt zurück - Pestizid-resistente Insekten kehren zurück

Sonntag, den 02. März 2014, Quelle: netzfrauen.org
  
Eigentlich sollten diese Insekten hier gar nicht da sein. Denn diese gentechnisch veränderten Pflanzen bilden ein Gift, das diese Insekten töten sollten

Eine Invasion von Pestizid-resistenten Insekten auf den Soja-, Mais- und Baumwollfeldern Brasiliens breiten sich weiter aus, diese Nachricht erhielten wir In November 2013. Für zwei Bundesstaaten in Brasilien hatte das Landwirtschaftsministerium daraufhin den Notstand ausgerufen. An die hohe Belastung mit Pestiziden haben sich die Schädlinge mittlerweile angepasst - das Gift bleibt wirkungslos.

Bereits im April 2013 haben wir auf die Insekteninvasion aufmerksam gemacht. Die Zeitschrift Agro DBO berichtete im März von einem „Angriff der Raupen“ in nie gekanntem Ausmaß. Sogar optimistische Landwirte erwarteten Ernteausfälle von 10 Prozent. Als Ursache wird vermutet, daxs sich die Insekten an das Gift der Gentechnik-Pflanzen angepasst haben; denn obwohl Gentechnik-Mais eigentlich gegen diese Insekten resistent sein sollen, waren zahlreiche Felder in Brasilien von Insekten befallen.

In mindestens neun Bundesstaaten des Landes waren Landwirte, die gentechnisch veränderten Mais anbauen, von dem Schädlingsbefall betroffen. Sie verwendeten deshalb wieder Insektizide. Dabei sollten die Pflanzen aufgrund der gentechnischen Veränderung ein eigenes Gift absondern und die Schädlinge so in Schach halten. Doch auch die zusätzliche Giftbehandlung blieb anscheinend erfolglos: Laut Agro DBO konnten manche Bauern die Raupen vom Heerwurm und Baumwollkapselbohrer auch mit fünf oder sechsmaliger Insektizid-Dusche nicht davon abhalten, sich in die Maiskolben zu fressen.

Die Baumwollkaspelbohrer sind nur wenige Zentimeter groß haben aber ein großes Zerstörungspotential: Die Raupen des Baumwollkapselbohrers Helicoverpa zea richten Jahr für Jahr gewaltige Schäden an Mais, Baumwolle oder Raps an. Und dies, obwohl viele der auf dem Speisezettel von Helicoverpa zea stehenden Pflanzen in ihren Zellen über ein ganze Palette an Giften und Wirkstoffen verfügen, die für andere Insekten tödlich sind. Gentechniker berichteten 2005, sie hätten zumindest bei Baumwolle und Mais einen Weg gefunden, das Erbgut der Pflanzen so zu verändern, dass sie resistent gegen den Pflanzenschädling sind. Doch nun 10 Jahre später kehren die Pestizid-resistente Insekten zurück.

Ein Landwirt, der die Bt-Mais-Sorte Herculex des US-Unternehmens DuPont Pioneer anbaut, rechnete mit einem Rückgang seiner Ernte von 182 auf 165 Säcke pro Hektar bei der ersten Ernte. Die Schäden bei der zweiten Ernte könne er noch nicht absehen. Dabei hatte er große Mengen von Insektiziden verwendet. Ein Anderer erzählte den Journalisten, seine Kosten seien wegen des hohen Spritzmittelverbrauchs um 10 bis 12 Prozent gestiegen. Seinen Nachbarn gehe es ähnlich. So etwas hab er „noch nie gesehen. “ Ein weiterer Landwirt gab an, pro Quadratmeter Gentechnik-Mais 15 Schädlingsraupen gezählt zu haben - im Vorjahr sei es auf der gleichen Fläche nur eine Raupe gewesen.

Viele der befragten Maisbauern erklärten, sich an die Empfehlungen gehalten und Schutzzonen errichtet zu haben. Mit solchen Streifen von nicht-genmodifiziertem Mais soll der Druck auf die Insekten gemildert werden, damit sich die Resistenten nicht so rasch ausbreiten können. Ein DuPont-Pioneer-Manager schob die Schuld an dem Schädlingsbefall dennoch den Landwirten zu. Diese seien womöglich nachlässig und hätten zu kleine oder gar keine Schutzzonen eingerichtet, erklärte er gegenüber Agro DBO. Ein Versagen der Bt-Technologie konnte er aber nicht prinzipiell ausschließen.

In USA gibt es Probleme mit resistenten Insekten auf angeblich „insektenresistenten“ Gentechnik-Maispflanzen.

Auch in den USA gibt es Probleme mit resistenten Insekten auf angeblich „insektenresistente“ Gentechnik-Maispflanzen. Laut dem Agrarforscher Mike Gray von der Universität Illinois planen zahlreiche Landwirte im Bundesstaat, auf den Bt-Mais-Feldern zusätzliche Spritzmittel einzusetzen.

Im US-Bundesstaat Illinois werden dieses Jahr vermutlich mehr Insektizide auf Gentechnik-Mais-Feldern eingesetzt werden. Dabei soll der gentechnisch veränderte Mais laut Herstellern eigentlich das Gegenteil bewirken. Doch fast die Hälfte der Farmer plant, zusätzliches Gift zur Schädlingsbekämpfung auszubringen, berichtet Agrarprofessor Mike Gray von der Universität Illinois.

Gentechnisch veränderter Bt-Mais setzt aufgrund eines eingebauten Bakterien-Gens permanent Gift frei, um den Maiszünsler zu töten. In der Folge nehmen jedoch andere Insekten den Platz dieses Schädlings ein. Außerdem entwickelt der Zünsler eine Resistenz gegen das Insektizid der genmodifizierten Pflanze. So begründeten denn auch die von Gray befragten Farmer den Einsatz von zusätzlichen Chemikalien mit zunehmender Bt-Resistenz und dem Befall mit Sekundärschädlingen.

Dabei war der Gentech-Mais stets damit beworben worden, es müssten weniger Insektizide eingesetzt werden, wie Agrarwissenschaftler Gray erinnert. „Es ist ein bisschen überraschend, dass sich, zehn Jahre nach der Markteinführung der ersten Bt-Hybriden zur Bekämpfung des Maiszünslers im Jahr 2003, ein zunehmendes Interesse an der Verwendung von Boden-Insektiziden in einer solch deutlichen Art und Weise zeigt.“

Wissenschaftler sind alarmiert. Eine Gruppe von Agrarwissenschaftlern um Joseph Spencer von der University of Illinois schrieb bereits im März 2013 einen Brief an den Leiter der US-Umweltbehörde EPA, in dem die Forscher dringend dazu aufrufen, sich mit dem Problem zu befassen, bevor sich die resistenten Käfer weiter verbreiten.

Die Probleme sind die gleichen, die auch Antibiotika plagen.

Unerwartet kommt das Problem nicht - genau wie Krankheitserreger gegen Antibiotika resistent werden können, entwickeln Ernteschädlinge früher oder später Unempfindlichkeiten gegen häufig auftretende Gifte. Die Probleme sind die gleichen, die auch Antibiotika plagen: Die veränderten Pflanzen werden insgesamt zu oft eingesetzt, nicht nur dann wenn es nötig wäre. Die Wissenschaftler beklagen in ihrem Memorandum, dass Bauern den Mais routinemäßig auch in Gebieten anpflanzen, in denen die Maiswurzelbohrer nur geringe ökonomische Schäden hervorrufen. Zunehmend gebe es zudem gar kein anderes Saatgut mehr auf dem Markt, schreiben die Forscher.

Auch die Biologie der Käfer macht den Forschern einen Strich durch die Rechnung. „Erste Ergebnisse zeigen, dass der Maiswurzelbohrer schlicht oft nicht dorthin geht, wo wir ihn vermuten”, schrieb zum Beispiel Joseph Spencer von der University of Illinois. Der Entomologe erforscht die Effektivität eines zentralen Teils der Resistenzvermeidung, nämlich die Refuge-Gebiete, die Bauern in Feldern mit Bt-Mais anlegen müssen. Dabei bepflanzt der Landwirt ein Teil des Feldes mit einer nicht vor dem Schädling geschützten Maissorte. In diesen Refuge-Bereichen vermehren sich gegenüber Bt-Toxin empfindliche Maiswurzelbohrer stark. Diese Tiere sind gegenüber den wenigen im eigentlichen Feld lebenden resistenten Käfervarianten in Überzahl, so dass die resistenten Exemplare sich nahezu zwangsläufig mit nichtresistenten Partnern paaren. So wollen die Bauern verhindern, dass resistente Maiswurzelbohrer miteinander wiederum resistente Nachkommen zeugen und sich eine widerstandsfähige Population etabliert.

Das allerdings hat sich als vergebliche Hoffnung erwiesen. Die Käfer nämlich fliegen nicht annähernd so weit zu potenziellen Partnern wie vermutet - die Refuge-Strategie stütze sich auf veraltete Daten, beklagt Spencer. Anders als vermutet dringen die Käfer aus den Refuge-Bereichen gar nicht zu allen potenziell resistenten Populationen vor.

Monsanto-Aktien fielen, im August 2011 um knapp 4 Prozent, nachdem bekannt wurde, dass Maiswurzelbohrer in Iowa Resistenzen gegen gentechnisch veränderten Mais der Firma entwickelt haben. Auf vier Feldern hat der Entomologe Aaron Gassmann der Iowa State University die resistenten Insekten entdeckt. Monsantos Bt-Mais produziert ständig ein für Insekten giftiges Protein. Die Entwicklung von Resistenzen wird dadurch begünstigt. Zwar handele es sich noch um Einzelfälle, hieß es 2011 aber es sei gleichzeitig eine Warnung an die Landwirte, ihre Anbaupraxis zu ändern, so der Wissenschaftler.

Die Aktien von Monsanto haben sich längst erholt, jedoch nicht die Soja-, Mais- und Baumwollfelder Brasiliens. Das Ministerium für Landwirtschaft in Brasilien musste nun sogar den Notstand ausrufen.

Im Oktober 2013 hat die Präsidentin Dilma Rousseff, den Landwirtschaftsminister ermächtigt, sich dem Verfahren zur Schädlingsbekämpfung anzunehmen, sofern es zu einem Ausnahmezustand kommen sollte. Um weitere Resistenzbildungen der Baumwoll-Kapseleule zu vermeiden, sollten die Farmer zu biologischen Bekämpfungsmethoden statt Pestiziden greifen, so das Landwirtschaftsministerium. Der Notstand wir für ein Jahr ab dem Tag der Veröffentlichung ausgerufen.

Gerade in solchen Monokulturen könnten sich keine natürlichen Fressfeinde der Raupen entwickeln. Kleine Familienfarmen waren damals noch nicht betroffen, erklärte José Carlos Zukowski vom Ministerium für landwirtschaftliche Entwicklung. Wenn ihre Äcker in der Nähe von Gentechnik-Feldern lagen, sollten sie laut dem Experten aber besonders achtsam sein.

Um weitere Resistenzbildungen der Baumwoll-Kapseleule zu vermeiden, sollten die Farmer zu biologischen Bekämpfungsmethoden statt Pestiziden greifen, so Zukowski. Die Gentechnik könnte sich dabei eher als kontraproduktiv erweisen. So wurden beispielsweise aus Indien resistente Populationen von Helicoverpa armigera gemeldet - dabei sollten die High-Tech-Pflanzen mit ihren Insektiziden genau diese Schädlinge abwehren.

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