Schreibabys sind typisch deutsch

Mittwoch, den 07. August 2013, geschrieben von Birgitta vom Lehn auf welt.de
                
 





















81.000 Einträge verzeichnet Google beim Stichwort "Schreibaby": Eltern haben zunehmend Schwierigkeiten, mit kleinen Kindern zu kommunizieren. Ursache des Problems sind oft Schwierigkeiten in der Beziehung. Doch was ist eigentlich ein Schreibaby?  

Experten wenden die "Dreierregel" an: Schreibabys weinen mindestens drei Stunden täglich an mindestens drei Tagen pro Woche mindestens drei Wochen lang. Hat der Kinderarzt körperliche Ursachen ausgeschlossen, bleibt den Eltern Frust statt Freude. So hatte man sich das Leben mit dem süßen Neuling nicht vorgestellt. Aber da fängt es auch schon an: Unsere Vorstellungen vom Neugeborenen sind falsch, meint der amerikanische Kinderarzt und Buchautor Harvey Karp. Babys würden im Grunde drei Monate zu früh geboren. Anpassungsschwierigkeiten ans Leben außerhalb des Mutterleibs sind die Folge. Dennoch: Das "Schreibaby" ist vor allem ein Kulturphänomen. "Primitivere" Völker besitzen in dieser Hinsicht eine "größere Weisheit", meint Karp. Die Mütter verstehen es besser, ihre Babys zu beruhigen, sie halten engen Körperkontakt und stillen mehr.

"In Südamerika oder Asien gibt es kaum Schreibabys", bestätigt Karl-Heinz Brisch, Leiter der Abteilung für Pädiatrische Psychosomatik und Psychotherapie am Kinderspital der Universität München und Präsident der Gesellschaft für Seelische Gesundheit in der frühen Kindheit. Das natürliche Zusammenspiel zwischen Mutter und Kind funktioniere in diesen Kulturen viel selbstverständlicher. "Kollegen aus Südamerika lachen mich aus, wenn ich denen erzähle, dass Babys in Deutschland in eigenen Betten schlafen sollen, was meist ja doch nicht funktioniert."

Auch bezeichnet er die Sorge, ein Baby "verwöhnen" zu können, als "typisch deutsch": "Verwöhnung entsteht, wenn Kinder auf Signale die falsche Antwort bekommen. Statt bei ängstlichem Weinen mit Körperkontakt beruhigt zu werden, erhalten sie Spielsachen und Essen." Schreien sei nun mal ein Überlebenssignal. Für welche Not des Babys müssen die Eltern herausfinden. Das Lesenkönnen der Signale ist entscheidend.

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